Oder was eine Barbie beim Besuch ihres 1. Sammlertreffens erlebt
Ich möchte mich Euch kurz vorstellen: Eigentlich bin ich eine Sport Barbie,
aber Klaus hat mich "SALLY" getauft. Ich bin seine Nr. 1 - - -
Am
22. Juli 2000, einem Samstag, lag ich plötzlich auf dem Tischchen eines
Kindertrödels. Es war unter freiem Himmel auf dem Marktplatz unserer kleinen
Stadt. Ein schlechtes Gefühl erfüllte meine Magengrube.
Meine kleine Menschenfreundin hatte mich beim Spielen immer sehr lieb behandelt.
Mein
Ausflug nach Köln
In
der letzten Zeit aber war es seltener geworden, dass sie mich an ihrem Leben
teilhaben ließ. Ich war ihre engste Freundin gewesen und nun... Was würde
geschehen mit mir?
Viele Menschen gingen an mir vorüber. Manche hoben mich kurz auf, schauten
mich genau an, legten mich aber wieder zurück. Das Schildchen auf meinem
Bauch
trug eine Zahl: 8,-- stand darauf geschrieben.
Dann kam ein Mann in Skaterhosen. Er war schon etwas älter, so um die 50.
Während er sich noch mit einem anderen Herrn unterhielt, bekam ich mit,
dass er eine Pilotenfigur für ein großes Modellsegelflugzeug suchte.
Sein
Blick viel auf mich. Er schaute mich lange an bis er an meine Freundin die Worte
richtete: "Ich hätte gern diese Puppe..." Er reichte dem Mädchen
einen 10-Markschein. "Stimmt so", hörte ich ihn sagen. Dann packte
er mich und ging mit schnellen Schritten durch die Stadt in ein Parkhaus, so
als schämte er sich mit mir gesehen zu werden.
In seiner großen Wohnung legte er mich erst mal auf den Tisch im Wohnzimmer.
Es dauerte nicht lange und er kam zu mir und murmelte etwas in seinen Bart.
Mit allerlei Werkzeugen machte er sich an meiner Frisur zu schaffen. "Oh
Gott", dachte ich bei mir, "der hat ja gar keine Ahnung!"
Meinen Pferdeschwanz hatte er schon geöffnet und versuchte nun das Armbändchen
mit den drei langen Bändern als Haarspange zu benutzen. Mit einer kleinen
Zange - oh Schreck - zerrte er eine Strähne durch das enge Gummibändchen,
dass ja eigentlich für mein schmales Handgelenk gedacht war!! Was ein brutaler
Typ, dachte ich. Es zwickte und ziepte fürchterlich.
Nach zweieinhalb Stunden war er schließlich zufrieden und stellte mich
auf den Tisch leicht an eine Kanne gelehnt. Da stand ich nun. Mein Kopf tat
noch immer weh. Ich blickte mich um. Von einer anderen Barbiefreundin keine
Spur.
Der Typ guckte TV. Doch nicht richtig. Immer häufiger betrachtete er mich.
Dann rückte er mich etwas zurecht. Dann bog er an meinem rechten Arm. Dann
waren es die Haare. Dann mein Anzug...
Sollte er mich am Ende plötzlich vielleicht mögen?
"Du bist zu schade für den Segler, meine Kleine." Diesen Satz,
liebe Leser, habe ich immer noch im Ohr. Es war der Beginn meiner tollen Freundschaft
mit Klaus.
Etliche Wochen später. Klaus muss verrückt sein.
Er hat mir viele Freundinnen geschenkt. Manche aus Amerika. Manche in irre
tollen Kleidern. Manche auch vom Trödel. Wir verstehen uns prima alle
zusammen.
Und wir Barbies haben einen großen Teil seiner Wohnung in Beschlag genommen.
Er hat Vitrinen umgeräumt. Wir haben eigenen Sessel. Die Schrankwand
ist von uns bevölkert. Auf einer Kommode im Schlafzimmer sind wir schon
16. Dazu die vielen Schuhe, Kleider, Hosen, Dessous... Es ist wie im Paradies!
Aber das Tollste ist, er spricht mit uns und hat uns lieb.
Nun hatte er gelesen, dass in Köln, einer großen Stadt in Deutschland,
ein großes Treffen mit lauter Barbies, anderen Fashion-Models und vielen
freundlichen Menschen stattfinden sollte. Am 5. November 2000.
Wir machten alle große Augen und beratschlagten, wer von uns dahin fahren
sollte. Goddes Of The Sun war sich zu schade. Evening Illusion hatte Sorge
wegen ihres tollen Kleides. Nixe kann den Porsche nicht fahren, weil sie ja
einen Fischschwanz hat. Man einigte sich auf mich. Ich sei doch die Erste
gewesen und die Ehre gebühre mir. Zudem hatte ich eine Einladung von
Jaclyn, Ute Plehs Freundin, erhalten. Ich wurde ganz rot vor Aufregung! Ich
in Köln, unglaublich!
Natürlich nahm ich Klaus mit. Er kannte sich in Köln besser aus.
Aber er passt nicht in unser pinkfarbenes Porsche Cabrio 911 Turbo, was er
sehr bedauert, der Arme. Früher hatte er mal einen Porsche restauriert.
Nun fährt er Kombi, pö.
Wir mussten also mit zwei Autos fahren, ich in meinem, er und zwei interessierte
Menschenfreundinnen in seinem.
Gut,
dass ich kein Mensch bin. Ich brauchte keinen Eintritt zu bezahlen wie die Menschenbesucher
*freu*!
An der Kasse trafen wir Frau Frings, die Veranstalterin. Klaus erkundigte sich
nach Ute, denn ich wollte doch Jaclyn kennenlernen und Ute hatte mir ein kleines
Geschenk versprochen. Klaus und seine Freundinnen und Freunde vom EoFD trugen
hübsche Sticker mit ihren Namen darauf. So konnten sie sich erkennen, weil
sie sich ja sonst nur schriftlich "sehen". Ich hatte keinen, noch
nicht. Es war meine erste "Börse", wie die Menschen das Treffen
zu nennen pflegen.
Ich betrat den großen Saal. Der erste Eindruck war überwältigend.
Der Zweite auch!
Eine schier unüberblickbare Zahl meiner Schwestern und etwas entfernterer
Verwandten. Auf über 120 Tischen hatten die Aussteller ihre meist wertvollen
Schätze präsentiert. Sie waren sogar aus dem Ausland angereist. Abenteuerliche
Aufbauten ließen die Gänge wie Straßenschluchten wirken. Überall
glitzerten die Outfits und Showcases, in denen meine noch sehr jungen Schwestern
standen. Die Aussteller waren mit dem Aufbau größtenteils schon fertig.
Besucher hatten noch keinen Einlass. So konnten Klaus und ich uns in Ruhe umschauen
und staunen.
Die
Fahrt verlief prima und wir fanden den Pariser Platz in Köln-Chorweiler
schnell, dank Utes toller Wegbeschreibung und Klausis Stadtplan. Der Einfachheit
halber nahm ich meinen Wagen mit in den Saal. Klaus musste erst einen Parkplatz
suchen. Manchmal ist es eben gut, wenn frau klein ist.
Ich
hatte großes Herzklopfen. Viele meiner Mitbarbies waren schon sehr alt.
Manche gar 40 Jahre. Ich hatte bisher nur vom Hörensagen von ihnen gehört.
Uiihh, sahen die edel und ehrwürdig aus! Und was sie alles anhatten - auch
das viel berüchtigte originale Swimsuit. Oder das American Girl in seiner
High Color Version mit der schönen Sidepart Frisur. Und meine ganze Familie.
Und wie viel Bücher es über uns gibt. Und ...
Klaus hatte Ute gefunden. Sie hat sich sehr gefreut und uns herzlich begrüßt.
Und dann kam's: Ute schenkte mir einen EoFD-Sticker in meiner "Größe"!
WOW, hab ich mich gefreut und ihn natürlich gleich angesteckt.
Als ich Jaclyn, Utes kleine Freundin, entdeckte, war ich baff. Sie sah ja umwerfend
aus. Hatte genau die Sachen an, die auch ihre Freundin Ute in groß trug.
Alles war exakt identisch. Das Shirt, die Jeans, Schuhe, Schmuck, Kamera - einfach
alles! Und das Tollste: Sie waren auch noch gleich frisiert und geschminkt!!
Jaclyn war Ute in Klein - krass.
Die Besucher strömten in immer größerer Zahl in den Saal. Es
wurde eng in den Gängen. Alle schauten sich die tollen Fashion Models an.
Manche stöberten in den Outfits. Niemand bemerkte, wie ich mich davon machte
um auch selbst zu staunen und zu suchen. Ich, Sally, eine Barbie, allein stöbern
und mit meinen vielen Schwestern plaudern - supi!!
Wer war nicht alles angereist: Stolze Collectibles in riesiger Vielfalt und
in ihren eleganten, extravaganten Roben. Jede Menge Barbies wie ich, erschaffen
zum schönen, abwechslungsreichen Spiel. Neuheiten, von denen ich noch nichts
gehört hatte. Und Viele, die ihre Menschenfreundinnen dazu überredet
hatten, tolle Sachen für sie zu nähen oder sie ganz anders zu schminken
oder zu frisieren.
Meine Urahninnen habe ich ja schon erwähnt. Von denen war Klaus besonders
begeistert. Er hatte mir schon oft von ihnen vorgeschwärmt, so dass ich
schon ein wenig eifersüchtig werden wollte. Über die
Preise
redete er immer mit gehörigem Respekt. "Ach", dachte ich schon
mal, "würde uns Klaus doch eine solche Barbieoma schenken. Was könnte
die alles aus ihrem bewegten Leben erzählen!"
Klaus war wie vom Erdboden verschluckt. Manchmal konnte ich ihn kurz sehen.
Dann versteckte ich mich schnell, damit er meinen Ausflug nicht bemerkte.
Plötzlich stand ich an einem Stand mit "entfernteren Verwandten"
von mir. Tolle Namen hatten die: Gene, Candi oder Charice. Sie waren auch sehr
chic. Aber mit den eigenen Schwestern verstand ich mich besser. Es ist wie mit
den G.I.R.L force Mädels zu Hause bei uns: Die bilden sich schon was ein,
nur weil sie Knochen und Muskeln haben!! Tsse!
Kens waren natürlich auch da. Sahen wirklich toll aus. Aber ich sollte
Klaus davon nichts erzählen, sonst wird er noch traurig. Ich glaube, er
mag Ken nicht so besonders. So ist er doch der einzige Mann mit uns allen.
In Gedanken vertieft stieß ich plötzlich gegen etwas Weiches. Ich
drehte mich verdutzt um. Ja gab es das denn? Hatten denn nicht nur die Menschen
und ich Interesse meine Schwestern zu besuchen? Ein Hund schaute gebannt in
eine Kiste. Und es waren einige Angehörige meiner Familie darin. Er beschnupperte
den Inhalt und schien sich eine Meinung gebildet zu haben. Sein Frauchen zog
energisch an seiner Leine bis er schließlich nachgab. Jedoch drehte er
sich noch zweimal nach der Kiste um.
Die Regale wurden allmählich etwas leerer. Viele Menschen hatten ein Schnäppchen
gefunden, welches sie ihren Barbies mitbringen wollten. Klaus hatte sich für
Garden Party Fashion, ein Outfit unserer beiden Lingies, interessiert. Aber
er war wieder mal nicht schnell genug. Als er sich endlich entschlossen hatte,
war's schon ausverkauft. Greenhorn! Dabei war es echt günstig gewesen.
Zu seiner Entschuldigung muss ich zugeben, dass es auch seine erste Börse
war.
Als ich an Utes Stand zurückkam, war Klaus gerade im Restaurant. Die EoFD-ler
wollten plaudern und Mittagessen.
Ich
habe mich mit der netten Jaclyn unterhalten. Wir hatten viel zu berichten. Sie
erzählte, Ute hätte für alle anwesenden EoFD-Leute ein Tütchen
mit Barbie-großen Miniaturen gebastelt. Zeitschriftenexemplare der "Börse",
EoFD-Sticker und -Einkaufstasche. Sie ist eine ganz, ganz Liebe. Alle haben
sich riesig über das Geschenk gefreut.
Nach einiger Zeit kam Klaus ganz aufgeregt angestürmt. Er war ganz aus
dem Häuschen und in seinen Händen hielt er einen kleinen weißen,
länglichen Kasten mit einem transparenten Deckel. Zuerst konnte ich den
Inhalt nicht erkennen. Aber dann legte er ihn auf Utes Tisch: Eine Barbieoma
war das ja!! Und was für eine. Eine echte Nummer 3, wie sie sie ehrfürchtig
nannten. Sie sieht für ihr Alter ja unglaublich Spitze aus, dachte ich.
Und wie gleichmäßig bleich sie ist. Und wie toll geschminkt. Und
die Haare - als hätte sie noch nie drauf geschlafen! Und sie hatte auch
noch ihre Originalbox (hab ich nicht mal und ich bin 36 Jahre jünger) mit
einem TM-Zeichen. Sie sagten, es wäre von einer Nummer 2. Ivory, so hat
Klaus sie später getauft wurde sofort von Ute fotografiert.
Klaus war diesmal clever gewesen und hatte sich von drei erfahrenen Expertinnen
beraten lassen. Sie hatten ihm nur zu gern geholfen. Er allein hätte bestimmt
nicht die Richtige gekauft, so neu wie er in unserer Welt ist. Ich soll sagen,
er bedanke sich ganz herzlich bei den Damen für ihre spontane Hilfe.
Dann hatte ich mein Foto-Shooting. Erst mit meinem Wagen allein. Dann mit Klaus,
als ich ihm auf der Hand stehe.
Es war spät geworden. Schon halb vier. Um vier Uhr würden die Tore
der Börse geschlossen werden.
Wir fuhren nach diesen aufregenden Stunden nach Hause. Leider durfte Ivory nicht
mit im Porsche fahren. Aber daheim hat sie uns schon ganz tolle Geschichten
aus ihrem langen Barbieleben erzählt. Immer, wenn Klaus nicht da ist.
In
der Zwischenzeit sind viele tolle Barbie-Schwestern zu uns gezogen. Wir sind
schon über 160 zusammen.
Da gibt es immerhin schon 18 Barbie-Omas, die die Menschen "Vintage"
nennen und sogar zwei Bild Lillis, eine kleine, voll krasse und eine edle große
Lilli-Dame. Sie ist das Vorbild für uns Barbies gewesen. Und neben etlichen
Sammler-Barbies und den vielen von ihren Menschenfreudinnen verstoßenen
Schwestern liebt Klaus die Silkstone-Girls wohl besonders, denn ihre Zahl wächst
besonders schnell.
Ich freue mich jedenfalls sehr auf meine nächste Börse, natürlich
nur als Besucherin. Klaus würde mich nie verkaufen.
Bis bald
Eure Sally